Bernau bei Berlin: Eine Reise in die Vergangenheit – Das Hussitenfest aus der Zukunft
Eine surreale Erzählung über eine unerwartete Zeitreise zum Hussitenfest in Bernau bei Berlin. Tauchen Sie ein in eine Welt voller alter Melodien, geheimnisvoller Gestalten und dem Gefühl, das die Zeit manchmal ihre eigenen Regeln spielt.
2025-06-13
Автор: Bernau.site
Eine Reise in die Vergangenheit – Das Hussitenfest aus der Zukunft
Der Kaffee schmeckte an diesem Freitagmorgen seltsam. Nicht schlecht, nur… anders. Ein Hauch von verbranntem Holz und nassem Gras schwebte in der Luft, vermischt mit dem fernen Klang von Sackpfeifen. Ich hatte meine Wohnung in Bernau erst vor einer Stunde verlassen, um die übliche Abkürzung durch den Stadtpark zu nehmen. Doch der Park war nicht derselbe. Er war… älter. Oder ich war jünger? Die Bäume schienen höher, die Wege unebener, und der Pulverturm, der sonst so vertraut aufragte, wirkte wie das Relikt einer längst vergessenen Zeit, umgeben von Zelten und rauchenden Feuern.
Ein kurzer Blick auf mein Smartphone bestätigte meine tiefste Befürchtung: Das Datum zeigte den 13. Juni 2025 an. Nur, dass das heute der 10. Juni 2025 war. Drei Tage in die Zukunft katapultiert. Oder war ich in eine parallele Dimension gerutscht, in der die Zeit eine andere Gangart hatte? Fragen, die in der Luft hingen wie der süßliche Rauch über den Lagerfeuern.
„Guten Morgen, Wanderer! Hast du den Weg aus den Nebeln der Moderne gefunden?“ Eine tiefe, raue Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Vor mir stand ein Mann in grober Leinenkutte, sein Bart so verworren wie ein alter Weinstock. Er hielt eine Laute in der Hand. Angerspiel, dachte ich, als ich den Namen auf einem improvisierten Schild entdeckte. Es war 10:00 Uhr. Der Markt wurde gerade eröffnet.
Ich nickte nur, unfähig, ein Wort zu formen. Die Sackpfeifen wurden lauter, gefolgt von einer tiefen Trommel, die in meinem Brustkorb widerhallte. Sie spielten Melodien, die klangen, als kämen sie direkt aus dem Erdreich, verwurzelt und kraftvoll.
Der Tag entfaltete sich wie ein Pergament, das zu lange gerollt gelegen hatte. Ich schlenderte durch die Menge, eine Mischung aus echten Enthusiasten in historischen Gewändern und scheinbar völlig unbeteiligten Besuchern wie mir, die einfach nur staunten. Um 13:15 Uhr sah ich die Gaukler und Klein auf dem Marktplatz. Ihre Tricks waren einfach und doch faszinierend, ein Tanz von Bällen und Keulen, der die Schwerkraft zu verspotten schien. Sie hatten die Art von Lächeln, das man sieht, wenn Menschen genau das tun, wofür sie geboren wurden. Ein seltener Anblick.
Später, gegen 14:15 Uhr, fand ich mich vor Pan Panazeh wieder, einem Geschichtenerzähler, dessen Augen so alt waren wie die Geschichten, die er von der Mandana-Ebene webte. Seine Worte waren wie kleine Steine, die man ins Wasser wirft – sie erzeugten Wellen, die sich leise ausbreiteten, bis sie die entferntesten Ufer meines Geistes erreichten. Ich spürte, wie sich die Konturen der Gegenwart um mich herum auflösten, ersetzt durch die schimmernde Realität vergangener Zeiten.
Als der Abend nahte, gegen 21:00 Uhr, zog es mich zur Großen Bühne. Feuriges Schwert spielte, ihre Musik war ein wilder Strom, der die Menge mitriss. Die Melodien waren nicht nur hörbar, sie waren fühlbar – ein Puls, der durch den Boden, durch meine Knochen drang. Ich spürte, wie sich ein seltsamer Rhythmus in mir etablierte, ein Gefühl von Zugehörigkeit zu dieser fremden, alten Welt.
Ich dachte an meinen Espresso von heute Morgen. Er war nicht mehr wichtig. Hier gab es Met, duftendes Brot und das Lachen der Menschen. Um 21:00 Uhr auf der Stechbahn, nur wenige Schritte von der Großen Bühne entfernt, kämpften Defundus in “Die Schlacht vor Bernau”. Es war ein Kampf voller Humor und gespielter Ernsthaftigkeit, der das Publikum begeisterte. Es war, als ob die Geschichte sich selbst nicht ganz ernst nahm, und das war… befreiend.
Die Luft wurde kühler, und die Sterne schienen näher zu sein als in meiner Zeit. Der Duft von Holzfeuern hing schwer und beruhigend in der Nacht. Ich wusste nicht, wie ich hierhergekommen war oder wie ich zurückkommen würde. Aber in diesem Moment, umgeben von den Klängen und Gerüchen einer anderen Zeit, fühlte ich mich seltsam… richtig. Die Zeit mag ihre eigenen Regeln haben, aber manchmal sind diese Regeln dazu da, gebrochen zu werden. Und vielleicht ist das, was wir dann finden, genau das, was wir brauchen, um uns selbst wieder zu finden.
Ich wusste, dass der morgige Tag, der Samstag, ein noch größeres Spektakel bieten würde. Die “Schiffshexerei” von Bäckus, die Feuershow der Flugbegleiter und das große Armbrustschießen. Aber für diesen Moment, als der Mond über dem historischen Bernau aufging und die letzten Klänge des “Angerspiels” durch die Nacht hallten, war ich einfach nur da. Ein Reisender, gestrandet in einem wunderbaren Gestern, das sich wie ein unbekanntes Morgen anfühlte. Und das war, in den seltsamen Regeln der Zeit, vollkommen in Ordnung.